Die Geschichte der Pfalz und von Weyher
Weinbau und Weinkultur haben in der Pfalz eine bis in die Römerzeit zurückreichende Tradition. In römischer Zeit gab es in der Pfalz schon die ersten Weingüter, und eine erste Weinstraße am Haardtrand gilt als wahrscheinlich. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden in einer villa rustica (Landhaus, Herrenhof) bei Ungstein zwei als Traubentretkelter dienende Becken nachgewiesen. Die Trauben wurden damals noch mit den Füßen ausgepresst. Einige aufgefundene Traubenkerne zeigen eine große Ähnlichkeit mit den Kernen unserer heutigen Rebsorten. Die Sorten Riesling, Silvaner und Gewürztraminer könnten demnach römischen Ursprungs sein.
Eine Glaskaraffe mit dem ältesten erhaltenen noch flüssigen Wein wurde in einem Römergrab bei Speyer gefunden. Der Wein stammt aus der Zeit um 300 und ist heute im historischen Museum in Speyer zu bewundern.
Ein römisches Weingut befand sich vermutlich auch im heutigen Weyher, etwa da wo sich heute unser Weingut befindet. In unserem Garten und in unseren angrenzenden Weinbergen finden wir immer wieder römische Zeugnisse wie z.B. Münzen oder Terra Sigillata Scherben (Keramik). Mein Vater Otto Seiler fand in unserem Weinberg "Steinbühl" 1964 sogar einen römischen Steinsarkophag aus dem 4. Jahrhundert.
Auch der Ortsname Weyher leitet sich von der römischen Bezeichnung "villa rustica" ab. Nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches und der dunklen Zeit der Völkerwanderungen bestanden einige römische Siedlungen weiter, welches Schicksal auf Weyher zutrifft könnten nur archäologische Ausgrabungen belegen.
In fränkischer Zeit, März Anno 777 wurde dann Weyher zum ersten mal urkundlich als "Wilere" erwähnt.
Während des Mittelalters wird Weyher immer wieder im Zusammenhang mit Stiftungen an Klöster und Kirchen genannt. Und dabei handelte es sich um Weinberge oder Wein. Besonders interessant ist eine Urkunde aus dem Jahr 1326:
Die Witwe Walheimer von Speyer schenkt den Mönchen von Eußertal für ihr Seelenheil jährlich 16 Viertel (192) Liter "boni vini de Altenforst" - guter Wein vom Altenforst. In dieser uralten Weinlage Altenforst wachsen heute die besten Rieslinge unseres Weingutes. Die Lage ist auch "boni" für Riesling: Schwarzer Schiefergesteinsboden, 30% Steigung und die Hangrichtung exakt südexponiert!
Vom Humor der Weyherer Winzer zeugt eine Urkunde um 1470. Als der Speyerer Fürstbischof der Gemeinde Weyher einen Bannwein (Naturalsteuer; schon damals war man im Erfinden von Steuern sehr einfallsreich) auferlegen wollte, antworteten die Weyherer Winzer sinngemäß:
Wenn der gnädige Herr von Speyer uns einen Bannwein auferlegen will, so wollen wir das Fass unter die Dorflinde legen und ihm den Boden ausschlagen. Wenn der Wein dann den Berg hinauf läuft wird ihn die Gemeinde zahlen, läuft der Wein aber bergab, so soll ihn der gnädige Herr von Speyer verloren haben!
Besonders im 17. Jahrhundert wird Weyher durch mehrere Kriege schwer verwüstet.
Während der französischen Revolution gründen Weyherer Winzer die erste Friedensbewegung!
1794 wird die Pfalz von den Franzosen besetzt. Die Glocken der Weyherer Kirche sollten zu Kanonen umgeschmolzen werden. Das lassen sich die Weyherer nicht gefallen. In einer Nacht und Nebel Aktion werden die Glocken fortgeschafft und in einem Weinberg vergraben. Nächtlicher Schneefall verwischt alle Spuren der Tat. Erst zehn Jahre später, als sich die Lage beruhigt hatte, holte man die Glocken wieder hervor. Seither hat Weyher das älteste Glockengeläut der Pfalz!
Die Zeit der französischen Besatzung brachte aber auch einige Vorteile für die Weyherer Winzer. Eine allgemeine Rechtsgrundlage, der "code civil" wurde um 1801 in der Pfalz eingeführt. Erst jetzt herrschte Rechtsgleichheit. Der Zehnte, eine Steuer aus dem Mittelalter, wurde abgeschafft. Besitz konnte ab jetzt frei veräußert werden. Viele private Weingüter entstanden erst danach.
Am Ende des 19. Jahrhunderts trat auch in der Pfalz die gefürchtete Reblaus auf. Auch die Weyherer Weinberge waren betroffen. Glücklicherweise konnte aber durch die Erfindung der Pfropfrebe (mit aufgepfropfter reblausresistenter Wurzel) diese Plage auf natürliche Weise besiegt werden. Ebenfalls aus Nordamerika wurden in dieser Zeit die Pilzkrankheiten echter und falscher Mehltau bei uns eingeschleppt. Es kostet uns noch heute viel Zeit und Mühe den echten Mehltau (Oidium) in Schach zu halten.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Reben in Weyher fast unverändert nach dem römischen Kammertbau erzogen. Die Reben wurden nicht in Reihen, sondern an quadratisch aufgebauten Holzbalken aus Kastanienholz erzogen. Die Weinbergsarbeit glich so mehr einem Hürdenlauf, denn alle 1,4 Meter musste über einen 60 cm hohen Querbalken gestiegen werden. Erst ab 1900 setzte ein Strukturwandel ein. Die Reben werden seither in Reihen gepflanzt, die Holzbalken wurden durch Drähte ersetzt. Der moderne Drahtrahmen ermöglicht heute eine rationelle Bewirtschaftung der Weinberge. Der Arbeitsaufwand in unseren Weinbergen beträgt heute ca. 500 Stunden/ha. Vor hundert Jahren waren es noch über 3000 Stunden/ha!
1971 trat das neue Weingesetz in Kraft. Es regelt bis heute die Qualitätsstufen und die Bezeichnungen auf dem Weinetikett. Dabei wurden leider auch die vielen verschiedenen Namen der Weinbergslagen von Weyher zusammengestrichen. Von ehemals mehr als 20 verschiedenen Lagen blieb für Weyher nur die Lagebezeichnung Michelsberg übrig.
1981 wurde die Flurbereinigung der Weyherer Gemarkung abgeschlossen. Durch die Anlage von Ökonischen in unseren Weinbergen versuchen wir die negativen Folgen der Flurbereinigung etwas auszugleichen.